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Interview „Wir sind STIMULATE“ mit Fatima Saad
Interviewte: Fatima Saad
Stelle: PhD Student
Interviewerin: Lea Nickel
Date: 14.03.2024
Wie sieht dein Arbeitstag normalerweise aus?
Antwort: Mein Arbeitstag ist ziemlich dynamisch. Ich entscheide selbst, ob ich Experimente durchführe und die Daten analysiere oder mich auf das Schreiben und die Dokumentation konzentriere. Das hängt dann von der Phase meines Projekts und meinem aktuellen Produktivitätsniveau ab. Einer der reizvollsten Aspekte der Forschung ist das Gefühl der Autonomie und Flexibilität. Jetzt, da ich meine Dissertation eingereicht habe, habe ich auch mehr Zeit, neue Projekte und Forschungswege zu erkunden.
Herzlichen Glückwunsch zur Einreichung deiner Dissertation. Wie fühlst du dich?
Antwort: Es ist eine Mischung aus verschiedenen Gefühlen. Als ich die Arbeit abgab, war ich so erschöpft, dass ich das Ausmaß des Augenblicks gar nicht richtig erfassen konnte. Aber am nächsten Tag wurde mir klar: "Okay, ich habe es geschafft". Da war ein tiefes Gefühl des Stolzes, weil ich wusste, dass ich etwas Bedeutendes erreicht hatte. Ich fühlte mich glücklich, aber auch ein wenig nervös. Ich muss schließlich noch die mündliche Prüfung bestehen, die Reise ist also noch nicht ganz zu Ende. Im Großen und Ganzen fühle ich aber Erleichterung und Vorfreude.
Das ist schön zu hören. Was hast du während des Prozesses gelernt?
Antwort: Wenn man promoviert, beginnt man wirklich zu verstehen, wie wichtig Selbstvertrauen und Belastbarkeit sind. Man braucht viel Geduld, denn es kann sein, dass man wochenlang an Experimenten arbeitet, nur um dann festzustellen, dass sie nicht die erwarteten Ergebnisse bringen. Aber auch das hat seinen Wert, denn man lernt, was nicht funktioniert. In der Forschung geht es darum, Hypothesen zu testen und herauszufinden, ob sie zutreffen oder nicht. Jeder Rückschlag bietet die Gelegenheit, Hypothesen neu zu bewerten, Methoden zu verfeinern und letztlich zu bedeutenden Entdeckungen zu gelangen.
Kannst du kurz erklären, woran du geforscht hast?
Antwort: Ich habe mich in erster Linie mit digitaler Tomosynthese-Bildgebung für Bronchoskopie-Eingriffe beschäftigt. Bei diesen Eingriffen führen die Ärzt:innen ein Bronchoskop in die Nase oder den Mund der Patient:innen ein und navigieren zu einer Zielläsion, die sich irgendwo in der Lunge befindet. Um gut zur Zielläsion navigieren zu können, benötigen sie einige Bildgebungsmodalitäten. Heutzutage wird Fluoroskopie für 2D-Bildgebung und Cone-Beam-Computertomographie (CBCT) für 3D-Bildgebung eingesetzt. Bei der Fluoroskopie fehlen jedoch die Tiefeninformationen, da alle Brustkorbstrukturen in einem 2D-Bild überlagert werden. CBCT wiederum erfordert eine fast vollständige Drehung des C-Arm-Bildgebungssystems um die Patient:innen, was in beengten Operationssälen eine Herausforderung darstellen kann. Darüber hinaus führt die Erfassung einer ausreichenden Anzahl von Projektionen für die CBCT zu einer hohen Strahlendosis, die sowohl für Patient:innen als auch für die Ärztin:innen ein Risiko darstellt.
Und digitale Tomosynthese ist eine bessere Alternative?
Antwort: Ja, anstatt den C-Bogen großflächig um den Patienten oder die Patientin zu drehen, wird er in einem engen Winkelbereich gedreht und nimmt nur eine Handvoll Projektionsbilder auf. Auf diese Weise lassen sich die Strahlenbelastung und der Platzbedarf für die Durchführung des Scans verringern, während gleichzeitig einige Tiefeninformationen gewonnen werden. Digitale Tomosynthesebilder sind allerdings relativ stark durch verschiedene Artefakte beeinträchtigt. In meiner Forschung habe ich mich darauf konzentriert, diese Probleme zu lösen, indem ich Methoden erforscht habe, um die fehlenden Daten zu kompensieren. So habe ich beispielsweise einen maßgeschneiderten Scan-Orbit entwickelt, der für bronchoskopische Eingriffe optimiert ist und Informationen aus früheren CT-Scans integriert, um die Bildqualität zu verbessern. Insgesamt war es mein Ziel, den gesamten Prozess zu verfeinern und die spezifischen Herausforderungen bei Bronchoskopie-Eingriffen anzugehen.
Was hat dein Interesse für diesen Forschungsbereich geweckt?
Antwort: Ich habe in meinem Heimatland Libanon Elektrotechnik studiert. Während meines Studiums erhielt ich ein Erasmus-Stipendium und ging als Austauschstudentin an die Ecole Centrale de Nantes in Frankreich. Dort habe ich meinen Master of Science in Steuerung, Signal- und Bildverarbeitung gemacht. Meine Masterarbeit schrieb ich am Universitätskrankenhaus von Nantes und konzentrierte mich dabei auf die Bildrekonstruktion für die Positronen-Emissions-Tomographie (PET). Es war das erste Mal, dass ich mit der medizinischen Bildgebung in Berührung kam, und ich war fasziniert. Die Möglichkeit, an der Schnittstelle zwischen Technik und Medizin zu arbeiten, wo sich Innovationen direkt auf die medizinische Versorgung auswirken, hat mich tief beeindruckt. Also begann ich, nach Promotionsmöglichkeiten mit starkem Anwendungsbezug zu suchen, und fand diese hier beim Forschungscampus STIMULATE. Ursprünglich hatte ich nicht geplant, nach Deutschland umzuziehen, aber die Stelle passte perfekt zu meinen akademischen und beruflichen Interessen, und ich mag Abenteuer.
Gibt es etwas, dass du an der Art und Weise, wie du an die Promotion herangegangen bist, ändern würdest?
Antwort: Es gibt sicherlich Aspekte, die ich anders gemacht hätte. Ich hätte meine Familie gerne öfter besucht. Ich hätte auch mehr Pausen zur Selbstreflexion eingelegt. Es ist so leicht, sich in die Forschung zu vertiefen, dass man sein persönliches Wohlbefinden und Wachstum aus den Augen verliert. Die Promotion ist nicht das ganze Leben, sie ist ein Teil des Lebens, und man sollte die anderen Teile nicht vergessen.
Was für wunderbare Schlussworte, Fatima. Vielen Dank für deine Zeit!
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